Erfahrungsbericht University of Liverpool, UK im Wintersemester 2012/13
Mein Auslandsaufenthalt mit ERASMUS war eine sehr aufregende Zeit von der ich, hinsichtlich
meiner sprachlichen Fähigkeiten und kulturellen Einblicken, sicherlich sehr profitiert
habe. Ich bin, wie die meisten in meinem Studiengang im 5. Semester, im Wintersemester
2012/13 ins Ausland gegangen. Die Partneruniversität war die University of Liverpool.
Im Vorfeld empfehle ich jedem, der mit ERASMUS ins Ausland gehen will, sich frühzeitig
über das Bewerbungsprozedere, die Partneruniversitäten und die Fristen zu informieren.
Es mag einem zwar so vorkommen, als läge das Auslandssemester noch in weiter Ferne,
doch um sicher zu gehen, dass man während der Bewerbung nicht in Zeitdruck gerät
und in der Hektik Dinge vergisst, ist es wichtig sich rechtzeitig Gedanken zu machen,
was man bis zu welchem Zeitpunkt erledigt haben muss. Man sollte nicht darauf warten,
dass Dozenten die Studierenden über das Auslandssemester und ERASMUS informieren,
sondern selber Informationen heranschaffen. Auch in meinem Fall war dieses Thema
nicht präsent in den Englisch-Seminaren. Des Weiteren wäre es empfehlenswert euren
Studienverlauf in Hinblick auf den Auslandsaufenthalt zu organisieren. In dem Verlaufsplan
für den Englisch Studiengang ist der Auslandsaufenthalt zwar eingeplant, nicht jedoch
in dem für euer eventuelles Nebenfach. Dies wird dann zum Problem, wenn die Partneruniversität,
die ihr im Ausland besuchen werdet keine Seminare anbietet, die ihr euch für die
Seminare anrechnen lassen könnt, die das Nebenfach für das jeweilige Semester vorsieht.
Sollte das der Fall sein, müsste man die Module des Nebenfachs, die für den Zeitraum
vorgesehen sind, in dem ihr im Ausland seid, vorziehen oder über die Regelstudienzeit
hinaus studieren.
Der beste Weg sich über die Bewerbung und das Auslandssemester generell zu informieren
ist die Website des International Office http://www.uni-bremen.de/international/wege-ins-ausland.html Dort findet
ihr Fristen, Unterlagen und Partneruniversitäten. Nehmt euch Zeit für das Motivationsschreiben
und die weiteren Bewerbungsunterlagen, da diese formell, sowie inhaltlich einen
guten Eindruck machen sollten. Mir hat es geholfen mich mit Kommilitonen zu besprechen,
um sicher zu gehen, dass ich nichts vergesse und richtig über alle Anforderungen
informiert bin. Es wäre gut früh mit den Anerkennungen der Studienleistungen anzufangen.
Zur ERASMUS Bewerbung gehört auch das Einreichen des Transcript of Records, welches
ihr beim Prüfungsamt anfordern könnt. Vielen meiner Kommilitonen, mich eingeschlossen,
erging es so, dass man kurz vor Ende der Bewerbungsfrist merkte, wie viel der erbrachten
Leistungen noch gar nicht in den Studiendaten in PABO eingetragen war, oder, dass
auf einigen Modulscheinen noch Unterschriften fehlten. Dem entsprechend herrschte
in den letzten Tagen zur Frist ein heftiger Andrang beim Prüfungsamt und Anerkennungsstellen.
Sobald die Bewerbung korrekt abgegeben wurde, muss man einige Wochen auf die Rückmeldung
warten. Ich bekam zunächst eine Absage und kam mir in dieser Situation etwas hilflos
vor, da ich nicht wusste, wie ich so kurzfristig noch privat mit einer ausländischen
Universität einen Auslandsaufenthalt organisieren sollte und vor allem wie ich das
finanzieren sollte. Ich setzte mich mit dem International Office in Verbindung,
um mich nach weiteren Schritten zu informieren. Dort erfuhr ich von der Möglichkeit
einen Nachrücker Platz zu bekommen. Tatsächlich hatte ich das Glück, dass einige
Plätze an den Universitäten, für die ich mich beworben hatte, frei wurden, sodass
ich nachrücken konnte. Nachdem ich an der University of Liverpool angenommen wurde,
musste ich noch einige Bewerbungsunterlagen der Universität ausfüllen und abschicken.
Rein theoretisch hatte ich den Platz an der Universität bereits zugesprochen bekommen,
auf diese universitätseigene Bewerbung wird wahrscheinlich aus formellen Gründen
bestanden.
Das meiner Meinung schwierigste Thema des Auslandsaufenthalts ist die Finanzierung.
Es ist zwar eine sehr große Erleichterung, dass wir ERASMUS-Studenten aufgrund der
Abkommen zwischen den Partneruniversitäten keine Studiengebühren an die ausländischen
Unis zahlen mussten (da diese teilweise astronomisch hoch waren für deutsche Verhältnisse),
teuer wird das Auslandssemester aber allemal und die Studenten, die privat noch
finanziell unterstützt werden sind klar im Vorteil. In unserem Jahrgang lag der
Satz, den für jeden Monat im Ausland von ERASMUS bekamen bei 150 Euro. Dieser wird
allerdings nicht monatlich überwiesen, sondern addiert und aufgeteilt zu 75% und
25%, wobei der größere Anteil kurz vor Antritt des Auslandssemesters gezahlt wird
und der kleinere nach der Rückkehr, vorausgesetzt es sind alle erforderlichen Formulare
immer pünktlich beim International Office eingegangen. Deshalb empfehle ich jedem
dringend, sich mit dem ERASMUS Handbuch, in dem alle Formulare und Fristen aufgelistet
sind, und welches ihr vor dem Aufenthalt bekommen werdet, zu beschäftigen. Außerdem
solltet ihr versuchen weitere Stipendien zu bekommen. Es ist ein weitverbreiteter
Irrglaube, dass die Unterstützung von ERASMUS den Anspruch auf andere Stipendien
ausschließt. Des Weiteren könnt ihr Auslands-Bafög beantragen, welches (angeblich)
dem höheren Bedarf im Ausland angepasst ist. Die Summe, die für mich errechnet wurde
lag bei sagenhaften 75 Euro für eine monatliche Miete von 390 Pfund (umgerechnet
ca. 470 Euro). In manchen Fällen wird es sicher notwendig sein einen Bildungskredit
für das Auslandssemester aufzunehmen.
Die Wohnungssuche für Liverpool gestaltete sich recht schwierig. Während die Uni
Bremen den „Incoming Students“ bei der Wohnungsfindung hilft, ist das
bei der University of Liverpool nicht der Fall, sie empfiehlt lediglich eine online
Suchmaschine für Studentenunterkünfte. Die universitätseigenen Wohnheime, so wurde
mir gesagt als ich mich für ein Zimmer dort bewarb, werden prinzipiell nicht an
Studenten vermietet, die nur ein halbes Jahr bleiben. Auch bei der weiteren Suche
stellte sich heraus, dass viele Wohngemeinschaften und Wohnheime keine Mieter annehmen
wollten, die nur für ein Semester bleiben würden. Letztendlich fand ich ein Studentenwohnheim
über die von der University of Liverpool empfohlenen Suchmaschine. Dies war das
so genannte „Bianca House“, welches ich nicht weiterempfehlen kann,
da es sehr heruntergekommen war und die anderen Bewohner zu ca. 85% gar keine Studenten
waren, sondern berufstätige Männer, die sich vor der City Council Tax, die Studenten
für ihre Wohnungen nicht zahlen müssen, drücken wollten. Von anderen Studenten,
die nach Liverpool gingen hörte ich, dass sie zunächst ohne feste Unterkunft nach
Liverpool flogen, um dort die ersten paar Tage in ein Hotel zu gehen und vor Ort
einige Wohnungen oder WGs anzusehen. Zuerst kam mir das ziemlich gewagt vor doch
im Nachhinein denke ich, dass dies die beste Methode ist eine zufriedenstellende
Unterkunft zu finden. Die Mieten in Liverpool sind generell ziemlich hoch. Man muss
von einer wöchentlichen Miete von ca. 60 Pfund – 130 Pfund ausgehen, wobei der Preis
natürlich sehr davon abhängt wie zentral die Wohnung ist.
In Liverpool bewegt man sich entweder mit Bus oder Taxi. Im Gegensatz zu Bremen
kann man in Liverpool als Student die öffentlichen Verkehrsmittel nicht umsonst
oder vergünstigt benutzen. Wenn man täglich auf die Busse dort angewiesen ist, sollte
man sich auf jeden Fall eine Monatskarte zulegen. Auf die Taxen werdet ihr nachts
angewiesen sein, da ab 00:00 Uhr oder früher keine Busse mehr fahren.
Die University of Liverpool ist, was die einzelnen Gebäude angeht, sehr weit gestreut
und hat daher einen sehr großen Campus, daher würde ich in den ersten Tagen ruhig
etwas mehr Zeit einplanen, um alle Räumlichkeiten rechtzeitig zu finden. Die Bibliothek
der Universität ist der beliebteste Treffpunkt für alle Studenten und wurde gerade
gegen Ende des Semesters sehr voll. Zu dieser Zeit musste man spätestens um 11 Uhr
vormittags da sein, um einen freien Computer oder einen ruhigen Arbeitsplatz zu
bekommen. Die Dozenten und Mitarbeiter der Universität waren alle sehr freundlich
und haben gerne bei Fragen weiter geholfen.
Nachdem ihr angekommen seid, müsst ihr zu einigen Terminen an der Uni erscheinen,
zum Beispiel zum Treffen mit der ERASMUS Beauftragten oder Welcome-Veranstaltungen,
die ihr wahrnehmen solltet. Dort werden euch wichtige Dinge erläutert, wie zum Beispiel
der Zugang zu wichtigen online Plattformen der Universität. Die zwei wichtigsten
sind „spider“ und „vital“, hier findet ihr Material zu euren
Veranstaltungen, Termine und könnt euren Status verwalten und einsehen, wie beispielsweise,
in welchen Kursen ihr registriert seid. Wichtig ist, dass ihr zu den Terminen eure
Unterlagen aus Deutschland mitbringt, zum Beispiel müsst ihr eine Auflistung eurer
Kurse, die Ihr in Liverpool machen werdet von der dortigen ERASMUS Beauftragten
unterschreiben lassen und wieder ans International Office zurück schicken.
Ich absolvierte in meinem Auslandssemester Kurse aus dem Irish Studies Department,
dort waren die Kurse in eine Vorlesung und ein Seminar pro Woche aufgeteilt. Die
Leistung, die in jedem Kurs zu erbringen war stellte sich aus je einer kurzen Präsentation,
einem Essay und einer schriftlichen Prüfung zusammen. Der Workload wurde erst ziemlich
hoch als der Abgabe Termin der Essays näher rückte und natürlich als die abschließenden
Prüfungen bevorstanden. Doch selbst als jemand der mit dem Bereich irische Geschichte
und irische Politik vorher nicht vertraut war, konnte ich mir den benötigten Stoff
durch die hilfreiche und ausreichende Literatur aus der Universitätsbibliothek aneignen.
Die Seminare erforderten mehr Beteiligung der Studenten als viele an der Uni Bremen,
da die Teilnehmerzahl wesentlich kleiner ist und von euch erwartet wird, dass ihr
euch selbständig mithilfe der Literaturliste (jedes Seminar hat eine eigene Liste
mit Literatur, die empfohlen wird) vorbereitet. Zunächst fiel mir das ein wenig
schwer, da man ja schließlich in Gesellschaft von „Native Speakern“
ist und diese teilweise einen ziemlich schwerverständlichen, für Liverpool typischen
Akzent sprachen. Doch nachdem man sich einige Tage in den Akzent reingehört hat
wurde es einfacher ihn zu verstehen und sich aktiv an den Diskussionen in den Seminaren
zu beteiligen.
Zu dem Thema Studentenjobs im Ausland kann ich leider nicht allzu viel sagen, da
ich keinen angenommen habe. Allein aus zeitlichen Gründen entschied ich mich dagegen.
In den ersten Tagen musste ich erst einmal richtig in der Stadt ankommen und mich
in ihr zu Recht finden und später brauchte ich recht viel Zeit, um meine Präsentationen
und Essays für die Uni vorzubereiten. Weihnachten und Silvester verbrachte ich zu
Hause bevor ich wieder nach Liverpool zurückkehrte, um die Prüfungen zu schreiben.
Betrachtet man die Freizeit die man bei drei Kursen generell hat, wäre es durchaus
machbar in Liverpool einen Nebenjob anzunehmen und es gab auch Austauschstudenten,
die das getan haben. Ich persönlich fand jedoch, dass die vier Monate nicht genug
Raum gelassen haben, um nebenbei zu arbeiten, da ich eine fremde Stadt erst einmal
kennenlernen muss bevor ich mich sicher genug fühle dort auch zu arbeiten, des Weiteren
muss man auch die Zeit bedenken in der man für die Universität arbeiten muss und
in der man eventuell zu Hause ist, wie etwa über Weihnachten.
Liverpool ist eine sehr interessante, junge und lebhafte Stadt. Die Innenstadt ist
egal zu welcher Tageszeit immer sehr belebt und hat wunderschöne Ecken, wie beispielsweise
den Albert Dock, ein stillgelegter Hafen, der nun hauptsächlich Museen und Cafés
beheimatet. Der Stil der Stadt hat etwas sehr alternatives, was man schnell an der
Kleidung vieler Menschen und an dem Nachtleben mit zahlreichen Indie-Clubs und Bars
erkennt. Man muss aber auch erwähnen, dass Liverpool nicht unbedingt die wohlhabendste
Stadt Großbritanniens ist und es dementsprechend auch einige Viertel außerhalb der
Innenstadt gibt, die nicht besonders sauber und schön sind.
Vor der Rückkehr nach Deutschland, müsst ihr, trotz Prüfungsstress, unbedingt daran
denken euch die Confirmation of ERASMUS Study Period unterschreiben zu lassen. Diese
braucht ihr nach der Rückkehr, sowie das Transcript of Records, welche ihr von eurer
Gastuniversität erhalten werdet damit ihr eure Studienleistungen, die ihr im Ausland
erbracht habt, anerkennen lassen könnt.
Abschließend kann ich nur sagen, dass das Auslandssemester mich um viele Erfahrungen
bereichert hat. Bevor es losging, fühlte ich mich ziemlich erschlagen von den ganzen
Unterlagen, Fristen und generell allem, was es noch vor dem Auslandsaufenthalt zu
erledigen gab, doch es hat sich letztendlich alles klären lassen können. Ich wurde
sehr freundlich an der University of Liverpool aufgenommen und habe zum ersten Mal
eine Kultur als Teil der Stadt und nicht nur als Tourist kennengelernt. Als Anmerkung
würde ich gerne erwähnen, dass die „outgoing-students“ nach Liverpool
in einer ziemlich ungünstigen Lage sind, wenn es um die Wohnungssuche geht. Hier
hätte ich mir gewünscht, dass es ein wenig mehr Unterstützung der University of
Liverpool gäbe und schon gar keine Ablehnung der International Students bei den
universitätseigenen Studentenwohnheimen. Natürlich ist die finanzielle Unterstützung
von 150 Euro im Monat viel zu knapp bemessen, so dass Studenten, die nicht das Glück
haben privat über finanzielle Mittel zu verfügen, das Auslandssemester schlicht
nicht bewältigen können. Des Weiteren, ist die Art der Aufteilung des Geldes meiner
Meinung sehr unglücklich, da sie nicht hilfreich für eine monatliche Geldeinteilung
ist und ein Teil des Geldes erst auf den Konten eingeht, wenn die Studenten längst
aus dem Ausland zurück gekehrt sind. Dies halte ich für das größte Problem, dass
sich den „Outgoings“ stellt, ich weiß aber auch, dass gerade in diesem
Punkt relativ wenig von Seiten ERASMUS getan werden kann.